Herausforderung gesucht.

Erfahrung gefunden.

Ziemlich genau 16 Monate und ganz genau 484 Tage waren wir unterwegs. Für mich ein Riesenschritt, konnte ich doch vor unserer Reise bei jeder Vorstellung meiner Person in Kürze erzählen, dass ich alle meine Meilensteine in Hamburg und Niendorf gesetzt hatte. Aber es war immer mein Traum in die weite Welt hinauszuziehen. Das Leben umkrempeln und sich auf das Ungewisse und neue Abenteuer einlassen, einfach Koffer packen und los.

Und so war es auch. Ich musste meinen ganzen Mut zusammennehmen, alles hinter mir zu lassen und nicht immer die Erwartungen anderer Menschen erfüllen wollen und funktionieren, sondern das machen, was ich möchte. Zu zweit ist das natürlich einfacher und Reto gab mir den nötigen Rückhalt. Zudem haben mich die von vielen Freunden geäußerten Bedenken, dass eine solche Reise mit Kleinkind doch Wahnsinn sei, eher noch motiviert als zurückgehalten. Jetzt erst recht. Ich habe alles auf eine Karte gesetzt und haushoch gewonnen.

Jetzt sind wir wieder da und es ist an der Zeit, ein Fazit zu ziehen. Nach der Rückkehr kommen meist die gleichen Fragen: Und, wie war’s? Wo und was gefiel euch am besten? Seid ihr miteinander klar gekommen? Die abschließenden Antworten vorweggenommen: Es war grandios. Ich würde alle Ziele erneut aufsuchen wollen und noch viel mehr: Wir sind noch zusammen.

In der Nachschau hätten wir keinen besseren Moment für unsere gemeinsame, große Reise finden können. Wir waren gesund und unabhängig, hatten keine unumstößlichen Verpflichtungen und uns über die Jahre die nötigen finanziellen Mittel erarbeitet. Eigentlich war ich erstaunt, wie viele andere sich den Raum nehmen, um die Welt zu erkunden. Richtig so, denn das Privileg eine Weltreise zu machen, ist unbezahlbar.

Und auch das hat mich diese Reise gelehrt: wenn ich oft genervt war, weil wir zu dritt aufeinander hockten, ohne uns durch persönlichen Kontakt zu Freunden und Familie eine Auszeit voneinander gönnen zu können, ich bin froh, dass wir alle zusammen unterwegs waren. Unsere Reise war so ziemlich das Beste, was ich bisher gemacht habe (gleich nach dem Kind kriegen). Manchmal war es in der Ferne auch sehr anstrengend, sicher anstrengender als zu Hause und bei weitem nicht so wie Urlaub. Den mussten wir quasi zwischendrin immer mal einbauen.

Wie oft haben mich früher kleine Dinge des Alltags in Rekordzeit ganz nach oben auf die Palme gebracht? Es gibt doch so viel Wichtigeres im Leben und wir können und sollten dankbar und glücklich sein. Warum eigentlich sehen wir oft nur das Negative? Viele Menschen auf dieser Welt sind arm, leben in einer Wellblechhütte und wissen nicht, wie sie ihre Familie ernähren sollen. Wie viele Menschen sind krank und bekommen keine medizinische Versorgung? Dennoch strahlen diese Menschen oft Zuversicht sowie pure Lebensfreude aus und lächeln trotzdem. Wir haben viele tolle Menschen mit unterschiedlichen Geschichten kennengelernt. Ich hoffe, dass es uns gelingt, Kontakt zu halten und sie eines Tages wiederzusehen.

Ja und nun? Für mich ist natürlich auch die Schweiz ein neues Erlebnis. Der Alltag ist noch nicht wieder da und angesichts der jetzigen Lage mit dem Coronavirus auch noch nicht so richtig in Sicht. Wir hatten in unserem Koffer während der Reise nur wenig Gepäck (das sieht Reto ganz anders als ich!). Doch ich habe einen riesengroßen Koffer voller schöner Erlebnisse und Erinnerungen mitgenommen, Speicherkarten mit tausenden von Bildern und viele Ideen im Kopf. Ich plane schon weiter, also nicht eine weitere Weltreise, aber ich will noch eine Menge in dieser Welt entdecken und erleben. Das ist ein bisschen wie eine Sucht, da kann ich nur schwerlich etwas gegen tun.

Reto geht wieder arbeiten, während Theo, Memphis (ja, er ist wieder zurück bei uns) und ich noch die freie Zeit in der neuen Heimat genießen dürfen. Aber täglich, spätestens ab frühen Nachmittag, warten wir dann schon ungeduldig, wann Papa endlich nach Hause kommt. Denn die Familie ist doch nur komplett, wenn wir zu viert sind.