Good Morning, Vietnam.

Unsere ersten Eindrücke.

Es war eine Odyssee. Auf dem Flughafen in Melbourne gab es einmal mehr Probleme mit den Einreisebestimmungen des Ziellandes, die es kurzfristig zu lösen galt. Ausnahmsweise waren wir erleichtert, dass unser Flug mächtig Verspätung hatte. Nachts gegen 4:00 Uhr kamen wir in unserer Unterkunft in Ho Chi Minh City (ehemals Saigon) an. Das erste tragende Gefühl war Erschöpfung.

Theo:  Was die wieder anstellen. Erst muss ich in einem engen Babyklappbett an der Trennwand im Flieger schlafen und dann ist plötzlich alles so anders. Als wir später rausgehen muss ich keine Jacke und lange Hosen mehr anziehen. Aber was für ein Lärm hier. Die Menschen sitzen auf kleinen Hockern (wie für mich gemacht) an kleinen Tischchen auf der Straße und essen fremdartige Köstlichkeiten. Das ist lustig. Da machen wir gleich mal mit. Dazu bekomme ich Stäbchen, mit denen ich lustig trommeln kann. Und alle sind so herzlich zu mir. Wenn ich bloß nicht so schwitzen würde.

Reto:  Nach der ruhelosen Reise endlich in der Horizontalen – schlafen ist so schön. Gegen Mittag verlassen wir das Appartement, welches zwar im Zentrum aber auf der nicht touristischen Seite des Kanals Nhiêu Lộc liegt. Drückende Hitze schlägt uns ins Gesicht. Wir gehen fünf Blocks über dürftig gepflasterte Gehsteige und kommen verschwitzt zu einem Wohnviertel mit großem Strassenmarkt. Wir tauchen ein. Ich weiß kaum, wohin ich das Augenmerk richten sollen. An allen Ecken ist es aufregend neu. Theo ist der Star in diesem betriebsamen Bühnenbild und ich versuche ihn sicher durch das Schauspiel zu manövrieren. Je tiefer wir eindringen, desto fremder wird alles. Und es riecht. Zum Teil stinkt es so bestialisch, dass Eva und ich nur noch durch den Mund atmen können. Wie hat Theo das bloß überstanden, schließlich war er noch näher dran? Aber er ist hart im Nehmen. Während wir zwei Erwachsenen an unserer ersten Magenverstimmung rumdoktern, bleibt er vergnügt und heiter. Soll uns die Stadt noch viel Überraschendes offenbaren, Theos Heiterkeit darf sich weiterhin als bleibende Größe festsetzen.

Eva:  Die erste Taxifahrt nachts durch Ho Chi Minh City ist trügerisch, denn es scheint alles recht ruhig. Doch am nächsten Tag weiß ich, warum alle vorm Trubel in Vietnam gewarnt haben. Mir scheint, ich bin in einer anderen Welt aufgewacht. Eine bunte Mischung aus Hupkonzerten, Duft, Lärm, Gestank, Geschrei und tausende von Mopeds. Unglaublich, was sich für ein schillernder Anblick auf der Straße bietet. Das Alter der Menschen kann ich nicht einschätzen. Eine alte Frau schrubbt sich die Füße in einer Plastikschüssel, daneben liegt Gemüse, das gleich in einer Suppe köcheln wird und es krähen überall Hähne, die in Käfigen eingepfercht sind. Bei brütender Hitze werden Frischfleisch und Meerestiere zerteilt und angepriesen. Fliegen schwirren herum. Das Leben findet hier offenbar auf der Straße statt. Kochen, Waschen, Putzen, Haare schneiden, Essen, Freunde treffen – das alles dicht bei dicht. Gut, dass ich vor unserem ersten Zug um die Häuser gelesen habe, wie man in Vietnam die Straßen überquert. Es gibt zwar Ampeln, die jedoch niemand beachtet und die Zebrastreifen sind auch nur Deko. Man muss einfach ohne Zögern und gleichmäßigen Schrittes beherzt auf die Fahrbahn schreiten. Die anbrausenden Roller fahren geschickt um einen herum. Es klappt einwandfrei (bis jetzt).